Cannabis: Drogenprofil
Cannabis: Drogenprofil
Cannabis ist ein Naturprodukt, mit Tetrahydrocannabinol (Δ9-THC) als dem psychoaktiven Hauptbestandteil. Die Cannabis-Pflanze (Cannabis sativa L.) ist weit verbreitet und wächst in Gegenden mit gemäßigtem und tropischem Klima. Zusammen mit Tabak, Alkohol und Koffein ist sie eine der am meisten konsumierten Drogen weltweit und wurde seit jeher als Droge und als Faserlieferant verwendet. Pflanzliches Cannabis besteht aus den getrockneten Blütenspitzen und Blättern. Cannabisharz ist eine Pressmasse aus den harzigen Teilen der Pflanze, und Cannabisöl (Haschischöl) ist ein Lösemittelextrakt von Cannabis. Cannabis wird fast ausschließlich geraucht, oft vermischt mit Tabak. Nahezu der gesamte Verbrauch von pflanzlichem Cannabis und von Harz beruht auf illegalem Material. Für Cannabis wurde ein gewisser therapeutischer Nutzen als Analgetikum geltend gemacht, und Dronabinol ist als Medikament in einigen Ländern zur Behandlung von Übelkeit bei der Krebs-Chemotherapie zugelassen. Cannabis-Produkte und Δ9-THC stehen unter internationaler Kontrolle.
Chemie
Hauptwirkstoff aller Cannabis-Produkte ist Δ9- Tetrahydrocannabinol (Δ9-THC oder einfach THC), das auch unter seinem Internationalen Freinamen (INN) Dronabinol bekannt ist. Die ungesättigte Bindung im Cyclohexenring liegt im gängigeren Nummerierungssystem der Dibenzopyranringe zwischen C-9 und C-10. Zu THC gibt es vier Stereoisomere, von denen jedoch nur das (–)-trans-Isomer (CAS-1972-08-03) natürlich vorkommt. Der volle systematische Name dieses THC-Isomers lautet (−)-(6aR,10aR)-6,6,9-Trimethyl-3-pentyl-6a,7,8,10a-
tetrahydro-6H-benzo[c]chromen-1-ol. In Cannabis finden sich auch, mitunter in größeren Mengen, zwei verwandte Substanzen: Δ9-Tetrahydrocannabinol-2-onsäure und Δ9-Tetrahydrocannabinol-4-onsäure (THCA). Beim Rauchen wandelt sich THCA teilweise in THC um. Das aktive Isomer Δ8-THC, bei dem die ungesättigte Bindung im Cyclohexenring zwischen C-8 und C-9 liegt, kommt in viel kleineren Mengen vor.
Molekülstruktur (1)
Molekülformel: C21H30O2
Molekulargewicht: 314.4 g/mol
Als weitere eng verwandte Substanzen kommen in Cannabis Cannabidiol (CBD) und, in gealterten Proben, Cannabinol (CBN) vor, die beide gegenüber THC deutlich abweichende pharmakologische Wirkungen haben. Als weitere Verbindungen sind Cannabivarine und Cannabichromene zu nennen; diese werden kollektiv als Cannabinoide bezeichnet. Im Gegensatz zu vielen psychoaktiven Substanzen sind Cannabinoide keine stickstoffhaltigen Basen.
(1) Δ9- Tetrahydrocannabinol, der psychoaktive Hauptwirkstoff von Cannabis, mit Darstellung des Nummerierungssystems mit Teilringen im gängigeren Dibenzofuransystemtetrahydrocannabinol.
Physische Form
Cannabis sativa ist zweihäusig: es gibt getrennte männliche und weibliche Pflanzen. THC ist weitgehend in den blühenden Teilen der weiblichen Pflanzen konzentriert. Die Blätter und die männlichen Pflanzen enthalten weniger THC, die Stängel und Samen praktisch keines. Die Pflanzen haben charakteristische zusammengesetzte Blätter aus bis zu 11 getrennten gezähnten Fiederblättern. Eingeführtes pflanzliches Cannabis hat die Form gepresster Blöcke von getrockneten braunen Pflanzenteilen mit Blütenspitzen, Blättern, Stängeln und Samen von Cannabis sativa. Cannabisharz wird meist in Blöcken von 250g hergestellt, die vielfach eine Markenprägung tragen. Cannabisöl ist eine dunkle viskose Flüssigkeit.
Pharmakologie
Die Pharmakologie von Cannabis ist wegen des Vorkommens einer breiten Palette von Cannabinoiden kompliziert. In kleinen Dosen erzeugt Cannabis Euphorie, Angstverlust, Beruhigung und Schläfrigkeit. Die Wirkung ist in gewisser Hinsicht ähnlich der von Alkohol. Anandamid wurde als endogener Ligand für den Cannabinoidrezeptor erkannt und hat pharmakologische Eigenschaften ähnlich denen von THC. Wenn Cannabis geraucht wird, kann THC binnen Sekunden nach der Inhalation im Blutplasma nachgewiesen werden; seine Halbwertszeit beträgt 2 Stunden. Wenn das Äquivalent von 10–15 mg über einen Zeitraum von 5–7 Minuten geraucht wurde, liegen die Spitzengehalte von Δ9-THC im Blutplasma bei etwa 100 μg/l. Es ist stark lipophil und im Körper weit verteilt. Es bilden sich zwei aktive Metaboliten: 11-Hydroxy-Δ9-THC und 8β-Hydroxy-Δ9-THC. Der erstgenannte Metabolit wird weiter umgesetzt zu Δ9-THC-11-onsäure. Daneben entstehen auch zwei inaktive Substanzen – 8α-Hydroxy-Δ9-THC und 8α,11-Dihydroxy-Δ9-THC – und viele weitere unbedeutende Metabolite, die meist als Glucuronidkonjugate im Urin und im Stuhl ausgeschieden werden. Einige Metabolite können noch bis zu 2 Wochen nach dem Rauchen oder der Einnahme im Urin nachgewiesen werden. Es gibt nur wenige Anzeichen für Schäden an Organsystemen bei mäßigem Konsum, jedoch bestehen bei einer Einnahme zusammen mit Tabak alle Risiken dieser Substanz. Das Interesse an den abträglichen Eigenschaften von Cannabis hat sich hauptsächlich auf die Assoziation mit Schizophrenie konzentriert, auch wenn noch immer unklar ist, ob es einen kausalen Zusammenhang zwischen geistiger Gesundheit und Cannabis gibt. Todesfälle, die direkt auf Cannabis zurückgeführt werden können, sind selten.
Herkunft
Nach Europa eingeführtes pflanzliches Cannabis kann aus Westafrika, der Karibik oder aus Südostasien stammen, jedoch kommt Cannabisharz meist aus Nordafrika oder aus Afghanistan. Cannabisöl (Haschischöl) wird oft durch Lösemittelextraktion lokal aus Cannabis oder Cannabisharz hergestellt. Intensiver Anbau unter Dach ist inzwischen in Europa und anderswo weit verbreitet. Dieser beruht auf verbesserten Saatgutsorten und auf Verfahren wie künstlicher Beheizung und Beleuchtung, Hydrokultur in Nährlösungen und der Verbreitung von Stecklingen weiblicher Pflanzen. Er führt zu einer hohen Produktion von Blütenmaterial (wird auch als „Skunk“ bezeichnet). Wie bei anderen natürlich vorkommenden Missbrauchsdrogen (z.B. Heroin und Kokain) ist vollständige Synthese zurzeit keine wirtschaftliche Lösung. In dem Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1988 zur Bekämpfung des illegalen Handels mit Suchtstoffen und psychotropen Substanzen sind keine Vorläufersubstanzen von THC aufgeführt.
Anwendung
Cannabis wird meist geraucht, oft vermischt mit Tabak oder in einem Rauchrohr (Bong). Weil sich THC in Wasser schlecht löst, wird eingenommenes Cannabis nur schlecht absorbiert. Die durchschnittliche „Reefer“-Zigarette enthält etwa 200 mg pflanzliches Cannabis oder Cannabisharz.
Andere Namen
In vielen Ländern sind pflanzliches Cannabis und Cannabisharz offiziell als Marihuana bzw. Haschisch (oder einfach „Hasch“) bekannt. Cannabis-Zigaretten werden auch als Reefers, Joints oder Spliffs bezeichnet. Straßenbezeichnungen für Cannabis/Cannabisharz sind unter anderem Bhang, Charas, Pot, Dope, Ganja, Hanf, Weed, Blow, Gras und viele andere.
Analyse
Die Blätter von Cannabis sativa sind zwar ausreichend charakteristisch, jedoch können Cannabis und Cannabisharze durch einfache Mikroskopie eindeutig identifiziert werden, weil drüsige Trichome und cystolithische Haare kennzeichnend sind. Der Duquenois-Test gilt als spezifisch für Cannabinole. Er beruht auf der Reaktion von Cannabisextrakten mit p-Dimethylbenzaldehyd. Diese erzeugt eine violettblaue Färbung, die in Chloroform extrahiert werden kann. Das Massenspektrum von THC zeigt starke Ionen bei m/z = 299, 231, 314, 43, 41, 295, 55 und 271. Mit Gaschromatographie liegt die Nachweisgrenze von THC im Blut bei 0,3 μg/l.
Kontrollstatus
Cannabis und Cannabisharze sind in den Anlagen I und IV des Einheitsübereinkommens der Vereinten Nationen von 1961 über Suchtstoffe aufgeführt. In Artikel 1 Paragraph 1 dieses Übereinkommens wird Cannabis wie folgt definiert: „die Blüten- oder Fruchtstände der Hanfkrautpflanze (ausgenommen die Samen und die nicht mit solchen Ständen vermengten Blätter), denen das Harz nicht entzogen worden ist, gleichgültig, wofür sie verwendet werden.“ Cannabisharz wird wie folgt definiert: „Das abgetrennte, von der Hanfkrautpflanze gewonnene Harz in roher oder gereinigter Form.“ Δ9-THC ist zusammen mit einigen Isomeren und stereochemischen Varianten in Anlage I des Übereinkommens der Vereinten Nationen von 1971 über psychotrope Substanzen aufgeführt.
Medizinische Anwendung
Cannabistinkturen (Ethanolextrakte) waren früher gängig, wurden jedoch vor vielen Jahren aus den Pharmakopöen gestrichen. Pflanzliches Cannabis (unter der Bezeichnung „Cannabis flos“), mit einem THC-Nenngehalt von 18 %, ist in den Niederlanden als verschreibungspflichtiges Medikament erhältlich. Es ist für Multiple Sklerose, bestimmte Typen von Leiden und andere neurologische Zustände indiziert. Ein Cannabisextrakt (Sativex) wurde in Kanada zugelassen.
Publications
Infographics and media
Quellen
King, L. A. und McDermott, S. (2004), ‘Drugs of abuse’, in: Moffat, A. C., Osselton, M. D. und Widdop, B. (eds.) Clarke's Analysis of Drugs and Poisons, 3. Ausgabe, Band 1, S. 37–52, Pharmaceutical Press, London.
Moffat, A. C., Osselton, M, D. und Widdop, B, (eds.) (2004), Clarke's Analysis of Drugs and Poisons, 3. Ausgabe, Band 2, Pharmaceutical Press, London.
Vereinte Nationen (2006), Multilingual Dictionary of Narcotic Drugs and Psychotropic Substances under International Control, United Nations, New York.
Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (2004), Weltdrogenbericht 2004, Band 1: Analysis, Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung, Wien (http://www.unodc.org/pdf/WDR_2004/volume_1.pdf).