Heroin: Drogenprofil
Heroin: Drogenprofil
Heroin ist ein ungereinigtes Diamorphin-Präparat. Dieses halbsynthetische Produkt entsteht durch Acetylierung von Morphin, das als Naturprodukt in Opium enthalten ist: dem getrockneten Latex bestimmter Mohnsorten (z. B. Papaver somniferum L.). Diamorphin ist ein narkotisches Analgetikum und wird zur Behandlung schwerer Leiden verwendet. Illegal hergestelltes Heroin kann geraucht oder in einer schwachen Säure gelöst und injiziert werden. Während Opium seit jeher geraucht wird, wurde Diamorphin erstmals Ende des neunzehnten Jahrhunderts synthetisiert. Heroin steht unter internationaler Kontrolle.
Chemie
Molekülstruktur (1)
Molekülformel: C21H23NO5
Molekulargewicht: 369.4 g/mol
Diamorphin (Diacetylmorphin; CAS-561-27-3) entsteht durch Acetylierung von rohem Morphin. Der systematische Name (IUPAC) lautet (5α,6α)-7,8-Didehydro-4,5-epoxy-17-methylmorphinan-3,6-diolacetat. Morphin kann zwar theoretisch fünf Paare von Enantiomeren besitzen, jedoch kommt nur eines natürlich vor (5R, 6S, 9R, 13S, 14R).
(1) Diacetylmorphin: der psychoaktive Hauptbestandteil von Heroin
Physische Form
Heroin aus Südwestasien ist ein braunes Pulver gewöhnlich in Form der freien Base, die in Wasser unlöslich, aber in organischen Lösemitteln löslich ist. Das seltenere südostasiatische Heroin ist meist ein weißes Pulver in Form des Hydrats Hydrochlorid-Salz(CAS-1502-95-0), das in Wasser löslich, aber in organischen Lösemitteln unlöslich ist.
Pharmakologie
Diamorphin erzeugt, wie Morphin und viele andere Opioide, Analgesie. Es verhält sich als Agonist gegenüber einer komplexen Gruppe von Rezeptoren (den Subtypen μ, κ und δ), auf die normalerweise endogene Peptide wirken, die so genannten Endorphine. Abgesehen von der Analgesie erzeugt Diamorphin Schläfrigkeit, Euphorie und ein Gefühl der Gelöstheit. Als negative Wirkungen sind Verflachung der Atmung, Übelkeit und Erbrechen, Trägheit des Verdauungssystems, Unterdrückung des Hustenreflexes und Hypothermie zu nennen. Bei wiederholtem Konsum stellen sich Toleranz gegenüber der Substanz und körperliche Abhängigkeit ein. Die Einstellung des Konsums führt bei Personen, die gegenüber der Substanz tolerant sind, zu charakteristischen Entzugserscheinungen. Subjektive Wirkungen nach einer Injektion sind als „Rausch“ bekannt und mit Wärme- und Glücksgefühlen verbunden, auf die eine längere Periode der Beruhigung folgt. Diamorphin hat eine um das 2–3-fache höhere Potenz als Morphin. Die geschätzte letale Mindestdosis liegt bei 200 mg, jedoch wird bei Gewöhnung auch eine zehnfach höhere Dosis toleriert. Nach der Injektion durchtritt Diamorphin innerhalb von 20 Sekunden die Blut-Hirn-Schranke, wobei nahezu 70 % der Dosis das Gehirn erreichen. Die Substanz ist wegen der schnellen Hydrolyse zu 6-Monoacetylmorphin und der langsameren Umsetzung in Morphin, den wichtigsten aktiven Metaboliten, im Blut nur schwer nachzuweisen. Die Plasma-Halberwertzeit von Diamorphin beträgt etwa 3 Minuten. Morphin wird im Urin überwiegend als das Glucuronidkonjugat ausgeschieden. Diamorphin ist weit mehr als jede andere gelistete Substanz Ursache unbeabsichtigter Überdosierung und tödlicher Vergiftung. Viele Todesfälle sind auch auf Infektionserreger zurückzuführen, die durch unhygienische Injektion übertragen wurden.
Herkunft/Extraktion
Der Latex der Samenkapseln des Schlafmohns (Papaver somniferum L.) wird getrocknet. Dieses Material (Opium) wird in einer wässrigen Kalilauge (gelöschter Kalk) dispergiert. Die Alkalinität wird durch Zugabe von Ammoniumchlorid eingestellt und lässt die Morphinbase ausfallen. Das abgetrennte Morphin wird mit Essigsäureanhydrid aufgekocht. Nach der Zugabe von Natriumcarbonat setzt sich die Diamorphin-Rohbase ab. Dieses Material kann, je nach der Region, direkt verwendet, weiter gereinigt oder in das Hydrochloridsalz umgesetzt werden.
Bis Ende der 1970er Jahre stammte das in Europa konsumierte Heroin nahezu ausschließlich aus Südostasien, kommt jetzt aber überwiegend aus Südwestasien, insbesondere aus Afghanistan und Pakistan. Heroin wird auch in einigen Teilen von Südamerika hergestellt, jedoch taucht dieses Material nur selten in Europa auf. Essigsäureanhydrid, eine wichtige Vorläufersubstanz für die Herstellung von Heroin, ist in Tabelle I des Übereinkommens der Vereinten Nationen von 1988 zur Bekämpfung des illegalen Handels mit Suchtstoffen und psychotropen Substanzen aufgeführt. Die entsprechende EU-Gesetzgebung beruht auf der Verordnung (EWG) Nr. 3677/90 des Rates (mit späteren Änderungen), die den Handel zwischen der EU und Drittländern reguliert. Wie bei anderen natürlich vorkommenden Suchtstoffen ist die vollständige Synthese der Wirkstoffe bisher wirtschaftlich nicht durchzuführen.
Anwendung
Heroin aus Südwestasien kann „geraucht“ werden, indem man die feste Masse auf einer Metallfolie über einer kleinen Flamme erhitzt und die Dämpfe inhaliert. Wer diese Form von Heroin injizieren will, muss sie beispielsweise erst in Zitronensäure oder Askorbinsäure lösen. Heroin aus Südostasien eignet sich für die direkte Injektion einer Lösung. Eine typische Dosis hat 100 mg bei „Straßenreinheit“. Die orale Einnahme von Diamorphin/Heroin ist, außer zur therapeutischen Anwendung als Analgetikum, ein deutlich weniger wirksamer Aufnahmeweg.
Anderen Namen
Auf der Straße sind zahlreiche andere Namen in Gebrauch, darunter Horse, Smack, Shit und Brown.
Analyse
Wie bei vielen anderen Opioiden liefert der Marquis-Feldtest eine violette/purpurne Färbung. Im Massenspektrum sind die starken Ionen m/z = 327, 43, 369, 268, 310, 42, 215 und 204. Bei Gaschromatographie liegt die Nachweisgrenze für Diamorphin wie für 6-Monoacetylmorphin bei 100 μg/l.
Kontrollstatus
Heroin ist in der Anlage I des Übereinkommens der Vereinten Nationen von 1961 über Suchtstoffe aufgeführt. In generischem Sinn ist auch Diamorphin darin aufgelistet, weil die Kontrolle durch das Protokoll von 1972, durch das das Übereinkommen von 1961 geändert wurde, auch auf die Ester und Ether der aufgelisteten Substanzen ausgeweitet wurde. Diamorphin ist aber der Diacetylester von Morphin (Anlage I).
Medizinische Anwendung
Diamorphin wird als narkotisches Analgetikum mit begrenztem Nutzen bei der Behandlung schwerer Leiden verwendet.
Publications
Infographics and media
Quellen
Cooper, D. A. (1989), ‘Clandestine production processes for cocaine and heroin’, in: Klein, M., Sapienza, F., McClain, H. and Khan, I. (eds.) Clandestinely Produced Drugs, Analogues and Precursors: Problems and Solutions, United States Department of Justice Drug Enforcement Administration, Washington, DC.
King, L. A. und McDermott, S. (2004), ‘Drugs of abuse’, in: Moffat, A. C., Osselton, M. D. und Widdop, B. (eds.) Clarke's Analysis of Drugs and Poisons, 3. Ausgabe, Band 1, S. 37–52, Pharmaceutical Press, London.
Moffat, A. C., Osselton, M, D. und Widdop, B, (eds.) (2004), Clarke's Analysis of Drugs and Poisons, 3. Ausgabe, Band 2, Pharmaceutical Press, London.
Schiff, P. L. (2002), ‘Opium and its alkaloids’, American Journal of Pharmaceutical Education 66, 186–94.
Vereinte Nationen (2006), Multilingual Dictionary of Narcotic Drugs and Psychotropic Substances under International Control, United Nations, New York.
Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (2004), Weltdrogenbericht 2004, Band 1: Analysis, Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung, Wien (http://www.unodc.org/pdf/WDR_2004/volume_1.pdf).