Drogenangebot, Drogenherstellung und Vorläufersubstanzen – die aktuelle Situation in Europa (Europäischer Drogenbericht 2024)

cover of the European Drug Report 2024: Supply, production and precursors

Eine Analyse der angebotsbezogenen Indikatoren für die am häufigsten konsumierten illegalen Drogen in der Europäischen Union legt nahe, dass die Verfügbarkeit bei allen Arten von Substanzen weiterhin hoch ist. Auf dieser Seite finden Sie einen Überblick über das Drogenangebot in Europa auf der Grundlage der neuesten Daten, ergänzt durch die jüngsten zeitlichen Trends bei den Sicherstellungen von Drogen und Drogendelikten sowie Daten aus dem Jahr 2022 über die Herstellung von Drogen und die Sicherstellung von Vorläufersubstanzen.

Diese Seite ist Teil des Europäischen Drogenberichts 2024, des jährlichen Überblicks der EMCDDA über die Drogensituation in Europa.

Letzte Aktualisierung: 11. Juni 2024

Hohe Verfügbarkeit von Drogen durch die Einfuhr und Herstellung großer Mengen innerhalb der Europäischen Union

Verfügbarkeit von Drogen in der Europäischen Union

Eine Analyse angebotsbezogener Indikatoren für illegale Drogen in der Europäischen Union legt nahe, dass die Verfügbarkeit bei allen Arten von Substanzen weiterhin hoch ist. Darüber hinaus ist der Markt durch die breite Verfügbarkeit eines vielfältigeren Spektrums von Drogen gekennzeichnet, die häufig mit hohem Wirkstoffgehalt oder Reinheitsgrad erhältlich sind, was zu erhöhten Risiken für die Gesundheit führen kann. Dazu gehören neuartige Substanzen, bei denen sowohl das Wissen der Konsumierenden als auch die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Gesundheitsrisiken begrenzt sein können. Immer vielfältiger werden auch die Formen, in denen Substanzen auf dem Markt verfügbar sein können, und in einigen Fällen, wie bei Cannabis, auch die Verabreichungswege (z. B. Vaping, Edibles), über die sie mitunter konsumiert werden. Zusammen verstärken diese Entwicklungen die Besorgnis darüber, dass insgesamt ein Potenzial für den zunehmenden Konsum illegaler Substanzen besteht und dass die mit einigen Substanzen verbundenen Risiken zunehmen könnten, insbesondere bei besonders gefährdeten Konsumierenden wie Menschen, die von sozialer und wirtschaftlicher Marginalisierung und Deprivation betroffen sind. Insbesondere besteht die Sorge, dass Konsumierende durch den – möglicherweise unwissentlichen – Konsum von Substanzen, insbesondere neuartigen Substanzen, mit hohem Reinheitsgrad und Wirkstoffgehalt, einem größeren Risiko für gesundheitliche Schäden, einschließlich Vergiftungen und Todesfälle, ausgesetzt sind.

Die Globalisierung der von organisierten kriminellen Gruppen eingesetzten operativen Methoden scheint ein wichtiger Faktor für die hohe Verfügbarkeit von Drogen in Europa zu sein. Es gibt eine engere Verflechtung der europäischen Drogenproduzenten und -händler mit internationalen kriminellen Netzen, was zu einer größeren Widerstandsfähigkeit der Ströme illegaler Drogen in die und aus der Europäischen Union führt. Verschiedene Länder in Südamerika, West- und Südasien sowie Nordafrika sind nach wie vor wichtige Herkunftsgebiete für illegale Drogen, die nach Europa gelangen, während China und Indien weiterhin wichtige Ursprungsländer für neue psychoaktive Substanzen sind. Dabei spielt Indien mittlerweile bei einigen Substanzen, wie z. B. synthetischen Cathinonen, eine immer wichtigere Rolle. Es wird auch häufig berichtet, dass Vorläufersubstanzen und zugehörige Chemikalien aus China bezogen werden.

In den letzten Jahren wurden immer wieder große Mengen von Drogen, insbesondere Kokain, in intermodalen Versandcontainern sichergestellt. So meldete Spanien im Jahr 2023 seine bislang größte Sicherstellung von 9,5 Tonnen Kokain in einer einzigen Lieferung, die in einer Bananenlieferung aus Ecuador versteckt war (Abbildung 1.1). Der Drogenhandel organisierter krimineller Gruppen zielt zunehmend auf legale kommerzielle Infrastrukturen ab, die am weltweiten Handel beteiligt sind. Es gibt dokumentierte Fälle, in denen Lieferketten infiltriert und Mitarbeiter in Schlüsselpositionen durch Einschüchterung und Korruption instrumentalisiert wurden. Darüber hinaus wächst die Sorge über die Rekrutierung und Ausbeutung von Jugendlichen durch kriminelle Netzwerke im Drogenhandel. Dies spiegelt sich in der Priorität wider, die der Bekämpfung dieser Bedrohungen durch die Strafverfolgungsbehörden beigemessen wird. Generell und insbesondere in den Ländern, in denen bekanntermaßen große Mengen an Drogen nach Europa gelangen oder dort hergestellt werden, wird zunehmend erkannt, dass mehr getan werden muss, um Gewalt, Korruption und kriminelle Ausbeutungspraktiken im Zusammenhang mit dem Drogenhandel zu bekämpfen.

Abbildung 1.1. „Operation Nano“, 9,5 Tonnen Kokain, die im August 2023 im Hafen von Algeciras (Cádiz), Spanien sichergestellt wurden
Foto aufgenommen während der „Operation Nano“. Es zeigt die spanische Polizei mit 9,5 Tonnen Kokain, die im August 2023 im Hafen von Algeciras (Cádiz), Spanien, sichergestellt wurden.
'Operation Nano’, 9.5 tonnes of cocaine seized August 2023, Port of Algeciras (Cadiz), Spain

Quelle: Guardia Civil.

Die Dynamik der Herstellung illegaler Drogen und des Handels damit passt sich international an geopolitische Entwicklungen, regionale Konflikte und Veränderungen der Handelswege an. Die Entwicklungen in den letzten Jahren in Kolumbien, Brasilien und Ecuador haben beispielsweise dazu beigetragen, dass organisierte kriminelle Gruppen zunehmend Kokain für den illegalen Handel in die Europäische Union beschafften, wobei sie sich gleichzeitig mehrerer Modi Operandi bedienten (Abbildung 1.2), um nicht aufgedeckt zu werden. Das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung hat geschätzt, dass der Opiumanbau im Jahr 2023 in Afghanistan nach dem Opiumverbot durch die Taliban um 95 % zurückgegangen ist. Es ist zwar noch zu früh, um die vollständigen Auswirkungen dieser Situation auf die europäischen Drogenmärkte zu ermitteln, doch wird sich diese Situation in den kommenden Jahren wahrscheinlich auf die Verfügbarkeit von Heroin in Europa auswirken, und es werden Bedenken hinsichtlich seines Ersatzes durch andere Drogen wie hochwirksame synthetische Opioide oder Stimulanzien geäußert. Gleichzeitig scheinen die Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten Auswirkungen auf die Handelsrouten zu haben, die von Kriminellen genutzt werden, um illegale Drogen nach Europa zu transportieren.

Abbildung 1.2. Beispiel für eine Reihe von Methoden des Drogenhandels, die bereits von den Strafverfolgungsbehörden in Europa gemeldet wurden

Methoden des Drogenhandels

  • Infiltration logistischer Lieferketten
  • Intermodale Versandcontainer
  • Containerwechsel, Code-Betrug, Extraktionsteams
  • Korruption, Einschüchterung von Beamten und Schiffsbetreibern
  • Stärkere Nutzung kleinerer Häfen
  • Schwimmende Pakete mit GPS-Chip
  • Abholung von den Mutterschiffen durch kleine Schiffe
  • Schnellboote, Sportboote
  • Halbtauchboote (Drogen-U-Boote, Torpedos)
  • Chemische Verschleierung oder Tarnung von Sendungen
  • Verstärkte Nutzung der allgemeinen Luftfahrt, kleine Flugplätze

Fast 70 % der Drogensicherstellungen durch die Zollbehörden erfolgen in den Häfen der Europäischen Union. Als Ergänzung zur EU-Drogenstrategie und zum dazugehörigen Aktionsplan 2021-2025 enthält der EU-Fahrplan zur Bekämpfung des Drogenhandels 2023 Maßnahmen, um das Zollrisikomanagement zu verbessern und geschmuggelte Drogen und Vorläufersubstanzen besser aufzuspüren. Dazu gehören die Verbesserung der Interoperabilität der Zollinformationssysteme unter den EU-Mitgliedstaaten und die Unterstützung des Einsatzes moderner Containerscanning-Geräte. Der Fahrplan unterstützt auch die neu gegründete Europäische Hafenallianz, ein Konzept einer öffentlich-privaten Partnerschaft, mit dem die Widerstandsfähigkeit der wichtigsten Logistikzentren Europas gegenüber Drogenhandel und Infiltration durch organisierte kriminelle Gruppen erhöht werden soll. Ziel ist es, die Umsetzung von bewährten Verfahren und Empfehlungen aus der thematischen Schengen-Evaluierung 2023 zum Drogenhandel in Häfen zu unterstützen. Dies umfasst nicht nur die Bekämpfung des Drogenhandels nach Europa, sondern auch das Unterbinden des illegalen Handels durch die Strafverfolgungsbehörden auf dem Schienen- und Straßennetz.

Organisierte kriminelle Gruppen versuchen, gesetzliche und Zollkontrollen, die den weit verbreiteten Einsatz von Chemikalien in legalen Industriezweigen einschränken, zu umgehen, indem sie alternative Chemikalien herstellen. Als Reaktion darauf fördert der EU-Fahrplan die Beschleunigung der EU-Gesetzesplanung zur Kontrolle von Vorläufersubstanzen, um mit dem Tempo krimineller Innovationen Schritt zu halten, indem die Gesetzesplanung auf bekannte Derivate und verwandte Chemikalien ausgedehnt wird, die in etablierte Vorläufersubstanzen umgewandelt werden oder als Ersatz für diese dienen können. Mit dem geänderten Mandat der EMCDDA wird diese in die Drogenagentur der Europäischen Union umgewandelt und nun eine größere Rolle bei der Unterstützung der Europäischen Kommission bei der Überwachung, Planung und Bewertung der Bedrohungslage durch Vorläufersubstanzen spielen. Mit dem EU-Fahrplan soll auch das Problem der alternativen Chemikalien angegangen werden, indem der Ausrüstungsbedarf von zolltechnischen Prüfungsanstalten unterstützt wird. Der Informationsaustausch mit Ländern, aus denen Vorläufersubstanzen bezogen werden, wird verbessert, beispielsweise auch über die Gemeinsame Follow-up-Gruppe EU-China zu Vorläufersubstanzen. Die Europäische Kommission ist außerdem Mitglied der von den Vereinigten Staaten geführten Global Coalition to Address Synthetic Drug Threats, die sich mit Vorläufersubstanzen befasst, einschließlich denjenigen, die für die Herstellung neuer synthetischer Opioide erforderlich sind. Der Schwerpunkt der Zusammenarbeit liegt dabei auf vorrangigen Maßnahmen.

Herstellung von Drogen in der Europäischen Union

Diese politischen Entwicklungen finden zu einer Zeit statt, in der Europa nach wie vor eine wichtige Herstellungsregion für verschiedene illegale Drogen ist. In der Europäischen Union hergestelltes Cannabis ist in der Regel für den Konsum in der EU bestimmt, und in den EU-Mitgliedstaaten werden jedes Jahr Tausende von Cannabisanbauflächen als ausgehoben gemeldet. Zuem werden synthetische Drogen wie MDMA und Amphetamine in der Europäischen Union hergestellt und möglicherweise in Nicht-EU-Märkte geschmuggelt. Berichten zufolge wurde in den Hunderten von in der Europäischen Union ausgehobenen illegalen Drogenproduktionsstätten eine Vielzahl von Substanzen hergestellt, die von Amphetaminen, Methamphetaminen, synthetischen Cathinonen und MDMA bis hin zu Kokain und Heroin reichten. Obwohl dies schwer festzustellen ist, kann es sein, dass ein einziges Labor mehrere Substanzen herstellt, wie z. B. verschiedene synthetische Stimulanzien, die ähnliche Anforderungen in Bezug auf die chemische Herstellung und die Herstellungsausrüstung haben. Es ist schwierig, die Produktionskapazität einzelner ausgehobener Labore abzuschätzen. Insgesamt kann zwar festgestellt werden, dass die Herstellung verschiedener illegaler Drogen in Europa stattfindet, doch sind zuverlässige Aussagen zur Gesamtzahl der Produktionsstätten sowie zu Trends oder Veränderungen bei den Kapazitäten nach wie vor nicht möglich. Es werden zwar auch große Methamphetamin- und Amphetaminlabore gemeldet, doch bei den meisten gemeldeten Laboren handelt es sich um kleine, sodass insgesamt höhere Zahlen gemeldet werden, die jährlich schwanken. Während die meisten ausgehobenen MDMA-Produktionsstätten von den Niederlanden und Spanien gemeldet wurden, meldeten einige Mitgliedstaaten, die in der Regel eine große Zahl von Anlagen ausheben, für das Jahr 2022 keine Daten. Die Entdeckung separater Anlagen für die Herstellung, Extraktion, Streckung und Verpackung von Kokain in den letzten Jahren lässt jedoch darauf schließen, dass die Kokainherstellung in Europa mittlerweile fest etabliert ist und innovative Methoden eingesetzt werden, um die Verbringung dieser Droge nach Europa zu erleichtern.

Innovationen in Produktionsprozessen zeigen sich auch bei einigen in jüngster Zeit vorgenommenen Sicherstellungen von Chemikalien, die zur Herstellung der für die Produktion von Amphetamin, Methamphetamin und MDMA benötigten Vorläuferchemikalien verwendet werden können und dabei die zur Reduzierung der Verfügbarkeit dieser Drogen eingesetzten Kontrollen umgehen. Große Sicherstellungen von Vorläufersubstanzen im Jahr 2022 deuten darauf hin, dass synthetische Cathinone nach wie vor in großem Ausmaß hergestellt werden, insbesondere in Polen. Größe und Umfang der von den Strafverfolgungsbehörden als ausgehoben gemeldeten Produktionsstätten variieren von relativ kleinen „Küchenlaboren“ bis hin zu Stätten mit höherem Durchsatz, die von mehreren „Köchen“ betrieben werden und in speziellen Reaktoren mehrere Dutzend Kilogramm an Endprodukten pro Charge herstellen. Kleinere Produktionsstätten stellen offenbar hauptsächlich für lokale Märkte und gelegentlich auch für den Darknet-Drogenmarkt her. Obwohl die Informationen sehr begrenzt sind, scheinen auch größere Produktionsstätten lokale Märkte zu beliefern, und gelegentlich wird das Endprodukt auch außerhalb Europas exportiert.

Die Verwendung eines breiteren Spektrums von Chemikalien zur Herstellung neuer Substanzen und verschiedener Syntheseverfahren für bereits etablierte Drogen stellt eine komplexe Herausforderung für den Zoll, die Strafverfolgung und die rechtliche Regulierung dar. Von der illegalen Herstellung synthetischer Drogen in der Europäischen Union für die Ausfuhr und für lokale Märkte gehen nach wie vor Risiken für die öffentliche Gesundheit aus, und zwar sowohl für potenzielle Konsumierende gefährlicher Substanzen, als auch aufgrund der Umweltschäden, die ihre Herstellung lokal mit sich bringen kann.

Wichtige Daten und Trends

Trends beim Drogenangebot

  • Die indexierten Trends zeigen insgesamt, dass die Mengen aller in der Europäischen Union sichergestellten Drogen zwischen 2012 und 2022 gestiegen sind, insbesondere in den letzten 5 Jahren, obwohl es in den letzten 3 Jahren gewisse Schwankungen bei den Mengen von Amphetamin und Methamphetamin gab (Abbildung 1.3).

  • Zwischen 2012 und 2022 waren die größten Zuwächse bei Kokain (+376 %), Methamphetamin (+293 %), Cannabiskraut (+184 %), Heroin (+91 %), MDMA (+71 %) und Amphetamin (+74 %) zu verzeichnen. Der leichte Anstieg bei Cannabisharz (+5 %) spiegelt den von Spanien für 2022 gemeldeten Rückgang um 52 % wider, der wahrscheinlich auf eine Verlagerung der Drogenhandelsrouten zurückzuführen ist. In Europa gibt es beträchtliche Konsumentenmärkte für diese Drogen. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass der Anstieg der sichergestellten Mengen zumindest teilweise auf die größere Rolle Europas als Herstellungs-, Ausfuhr- oder Transitort für diese Drogen zurückzuführen ist.

Abbildung 1.3. Drogensicherstellungen in der Europäischen Union – Menge der sichergestellten Drogen, indexierte Trends (2012 = 100)

Die vorgelegten indexierten Trends spiegeln die relativen Veränderungen bei den Drogensicherstellungen über einen Zeitraum von 10 Jahren wider, enthalten jedoch keine Angaben zu den tatsächlichen Mengen.

MDMA-Tabletten wurden durch die Annahme einer Masse von 0,25 g MDMA pro Tablette in Massenäquivalente umgerechnet.

  • Die Interpretation der Trends bei den Sicherstellungen von Drogen wird dadurch erschwert, dass sie von den Strategien und Prioritäten der Polizei und der Strafverfolgungsbehörden, dem Erfolg oder Misserfolg der Drogenhändlergruppen bei der Vermeidung von Entdeckungen und den zugrunde liegenden Veränderungen bei Verfügbarkeit und Konsum beeinflusst werden.

  • Im Jahr 2021 wurden in der Europäischen Union schätzungsweise 1 Million Sicherstellungen gemeldet, wobei 71 % davon auf Cannabisprodukte entfielen (Abbildung 1.4 und Abbildung 1.5).

Abbildung 1.4. Drogensicherstellungen in der Europäischen Union – Zahl der gemeldeten Sicherstellungen, aufgeschlüsselt nach Drogen, 2022 (in Prozent)
Abbildung 1.5a. Drogensicherstellungen in der Europäischen Union – Zahl der Sicherstellungen 2022
Abbildung 1.5b. Drogensicherstellungen in der Europäischen Union – im Jahr 2022 sichergestellte Menge (Tonnen)

MDMA-Tabletten wurden durch die Annahme einer Masse von 0,25 g MDMA pro Tablette in Massenäquivalente umgerechnet.

  • Im Vergleich zu 2012 gab es 2022 weniger Sicherstellungen von Cannabisharz (-18 %), Cannabiskraut (-23 %) und Heroin (-28 %) (Abbildung 1.6). Dies könnte auf Veränderungen bei den Polizeipraktiken, den Konsummustern oder der Verfügbarkeit von Drogen zurückzuführen sein.

  • Der stärkste Anstieg bei der Zahl der Sicherstellungen zwischen 2012 und 2022 war bei Methamphetamin (+180 %), MDMA (+60 %), Kokain (+26 %) und Amphetamin (+5 %) zu verzeichnen.

Abbildung 1.6. Drogensicherstellungen in der Europäischen Union – Zahl der Drogensicherstellungen, indexierte Trends (2012 = 100)

Trends bei Drogendelikten

  • 2022 wurden in der Europäischen Union schätzungsweise 1,5 Millionen Drogendelikte gemeldet, was einem Anstieg um 26 % seit 2012 entspricht. Mehr als drei Viertel dieser Delikte (77 % bzw. 1,2 Millionen) betrafen Drogenkonsum oder Drogenbesitz für den Eigengebrauch.

  • Von den geschätzten 1,5 Millionen Drogendelikten wird die im Zusammenhang mit dem Delikt genannte Droge lediglich bei knapp 1 Millionen Delikten gemeldet, darunter 809 000 Delikte wegen Drogenbesitzes oder -konsums, 177 000 Delikte in Zusammenhang mit der Beschaffung und 3 000 andere Arten von Delikten (Abbildung 1.7). Die Definitionen dessen, was ein Beschaffungsdelikt darstellt, können von Land zu Land unterschiedlich sein.

  • Mit rund 609 000 gemeldeten Delikten im Jahr 2022 machte Cannabis mehr als drei Viertel der Delikte wegen Drogenkonsums oder Drogenbesitzes (75 %) aus, für die die Droge bekannt ist, und etwas mehr als die Hälfte oder 98 000 der Beschaffungsdelikte (56 %). Die Tatsache, dass Cannabis sowohl bei Beschaffungs- als auch bei Besitzdelikten vorherrscht, spiegelt nicht nur das Ausmaß der Nachfrage nach der Droge bei illegalen Substanzen wider, sondern belegt auch die politische Bedeutung dieser Droge.

  • Sowohl die Zahl der Besitzdelikte als auch jene der Beschaffungsdelikte liegt bei allen Drogen, mit Ausnahme von Heroin, nach wie vor auf einem höheren Niveau als 2012 (Abbildung 1.8 and Abbildung 1.9).

Abbildung 1.7. Drogendelikte – Anzahl der Delikte, Beschaffung und Konsum/Besitz, 2022

Die Daten beziehen sich auf die Delikte, bei denen die betreffende Droge angegeben ist.

Abbildung 1.8. Drogendelikte – Besitz-/Konsumdelikte, indexierte Trends (2012 = 100)
Abbildung 1.9. Drogendelikte – Beschaffungsdelikte, indexierte Trends (2012 = 100)

EU-Daten zu Herstellung und Vorläufersubstanzen für das Jahr 2022

  • Cannabis: Die EU-Mitgliedstaaten meldeten im Jahr 2022 98 000 Sicherstellungen von Cannabis-Pflanzen, was 3,5 Millionen einzelne Pflanzen und 6,5 Tonnen entspricht (4,3 Millionen Pflanzen und 32,5 Tonnen im Jahr 2021). Laut offenen Quellen und Angaben von nationalen Partnern wurden im Jahr 2022 in 14 EU-Mitgliedstaaten an die 5 700 illegale Cannabisanbauflächen ausgehoben.

  • Heroin: 2022 wurden in den Niederlanden zwei Heroinproduktionsstätten ausgehoben (drei im Jahr 2021). Deutschland, Spanien und Polen meldeten insgesamt nur drei Sicherstellungen der Heroin-Vorläufersubstanz Essigsäureanhydrid in einer Menge von 141 Litern (5 730 Liter im Jahr 2021). Weltweit sind die Sicherstellungen von Essigsäureanhydrid seit 2019 erheblich zurückgegangen. Dies kann auf einen Rückgang der Versuche, die Substanz abzuzweigen und zu schmuggeln, oder auf eine Verlagerung auf alternative Handelsrouten hindeuten.

  • Kokain: Im Jahr 2022 wurden in der Europäischen Union mindestens 39 Kokainproduktionsstätten ausgehoben (34 im Jahr 2021). Trotz eines Rückgangs der Menge an sichergestelltem Kaliumpermanganat im Jahr 2022 (173 Kilogramm) im Vergleich zu 2021 (1 100 Kilogramm) ist es wahrscheinlich, dass die weitreichende Verarbeitung von Kokainhydrochlorid aus eingeführten Zwischenprodukten weiterhin in der Europäischen Union stattfindet. So soll beispielsweise eine im Jahr 2023 in Spanien ausgehobene Kokainverarbeitungsstätte Berichten zufolge eine tägliche Produktionskapazität von 200 Kilogramm der Droge gehabt haben. Darüber hinaus wurden einige große Sicherstellungen von unüblichen kokainhaltigen Substanzen, die mit chemischen Mitteln extrahiert werden müssen, gemeldet. Dies deutet darauf hin, dass die Verarbeitung in Europa nach wie vor ein großes Problem darstellt. So wurde beispielsweise im Jahr 2022 in einer Lieferung von 22 Tonnen Zucker in Frankreich und in 100 Kilogramm Kohle, die Teil einer größeren Ladung von nach Kroatien versandter Kohle war, chemisch verschleiertes Kokain entdeckt.

  • Amphetamin: Im Jahr 2022 meldeten sieben EU-Mitgliedstaaten die Aushebung von insgesamt 108 Amphetaminlaboren (119 im Jahr 2021): Niederlande (39), Belgien (35), Polen (22), Spanien (5), Schweden (5), Kroatien (1) und Rumänien (1).

  • Methamphetamin: Im Jahr 2022 meldeten neun EU-Mitgliedstaaten die Aushebung von insgesamt 242 Methamphetaminlaboren (224 im Jahr 2021): Tschechien (202), Niederlande (14), Bulgarien (12), Belgien (6), Polen (4), Griechenland (1), Spanien (1), Slowenien (1) und Schweden (1). 15 EU-Mitgliedstaaten meldeten im Jahr 2022 Sicherstellungen von Vorläufersubstanzen, die für die Synthese von Methamphetamin mittels der „Ephedrin-Methode“ (Ephedrin und Pseudoephedrin) erforderlich sind, in einer Menge von 352 Kilogramm (Pulver und Tabletten) (723 Kilogramm im Jahr 2021).

  • Methamphetamin kann auch unter Verwendung von BMK als Ausgangsstoff hergestellt werden (BMK wird auch zur Herstellung von Amphetamin verwendet). Im Jahr 2022 wurden in Europa 1 329 Liter BMK (rund 5 100 Liter im Jahr 2021) und 26,6 Tonnen Substanzen (10,5 Tonnen im Jahr 2021), die zur Herstellung von BMK verwendet werden können, sichergestellt. Diese Sicherstellungen umfassten 25,6 Tonnen Glycid-Derivate von BMK (736 Kilogramm im Jahr 2021), 379 Kilogramm MAPA (rund 9,7 Tonnen im Jahr 2021) und mehr als 500 Kilogramm APAA und APAAN (50 Kilogramm APAA im Jahr 2021). Zwei neue alternative Chemikalien, die ebenfalls zur Herstellung von BMK verwendet werden können, DEPAPD und DEPAPD-Enolat, wurden in Europa (und weltweit) erstmals im Jahr 2022 gemeldet und in relativ geringen Mengen sichergestellt. Darüber hinaus erreichten die von Belgien, Deutschland und den Niederlanden gemeldeten Sicherstellungen von Weinsäure, einer Chemikalie, die es ermöglicht, die wirksamste und gefragteste Form von Methamphetamin (d-Methamphetamin, das für „Crystal Meth“ verwendet wird) aus mit BMK-Methoden hergestellten Mischungen zu gewinnen, im Jahr 2022 2,6 Tonnen (4,5 Tonnen im Jahr 2021). Dies deutet darauf hin, dass in Europa weiterhin d-Metamphetamin in großem Umfang hergestellt wird. Der Anstieg der in Europa sichergestellten Mengen an Methamphetamin-Vorläufersubstanzen und verwandten Chemikalien spiegeln die erhebliche Kapazität wider, über die Gruppen verfügen, die synthetische Drogen in der EU herstellen.

  • MDMA: Im Jahr 2022 meldeten sechs EU-Mitgliedstaaten die Aushebung von 48 MDMA-Laboren (25 im Jahr 2021). Belgien meldete 2022 27 MDMA-Labore (8 im Jahr 2021), die Niederlande 13, Spanien 5 und Frankreich, Polen und Schweden meldeten jeweils 1. Die Sicherstellungen von MDMA-Vorläufersubstanzen stiegen im Jahr 2022 mengenmäßig auf 20,5 Tonnen (2,5 Tonnen im Jahr 2021). Die Sicherstellungen der MDMA-Vorläufersubstanz PMK und seiner Glycid-Derivate lagen 2022 bei mehr als 19,9 Tonnen (2,6 Tonnen im Jahr 2021). Es wurden auch andere alternative Chemikalien gemeldet: MAMDPA wurde 2022 in geringeren Mengen sichergestellt (37 Kilogramm gegenüber 4,5 Tonnen im Jahr 2021). Diese Meldungen über mehr Sicherstellungen von MDMA-Vorläufersubstanzen sowie Informationen über den Export von MDMA lassen auf einen Anstieg der Herstellung der Droge für die globalen Märkte und auf einen allgemeinen Anstieg nach dem Rückgang im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie schließen.

  • Cathinone: Im Jahr 2022 wurden in der Europäischen Union 29 Produktionsstätten für synthetische Cathinone, darunter einige große, ausgehoben (15 im Jahr 2021): 23 in Polen (12 im Jahr 2021) und 6 in den Niederlanden (2 im Jahr 2021). Die Sicherstellungen von Vorläufersubstanzen für synthetische Cathinone beliefen sich im Jahr 2022 auf 558 Kilogramm (555 Kilogramm im Jahr 2021), wobei die größte Menge auf Polen entfiel (355 Kilogramm). In Frankreich wurde eine Lieferung von 1 Tonne der 4-CMC-Vorläufersubstanz „1-(4-chlorophenyl)propan-1-one“ sichergestellt, die von China aus auf dem Weg nach Polen war.

  • Synthetische Opioide: Im Jahr 2023 meldete die lettische Polizei die Aushebung einer Produktionsstätte für Fentanyl und die Sicherstellung von fast 2 Kilogramm der Droge sowie von 2,7 Kilogramm der Fentanyl-Vorläufersubstanz NPP am selben Ort. Ebenfalls im Jahr 2023 meldete die lettische Polizei die Aushebung eines illegalen Methadonlabors.

  • Mülldeponien: Im Jahr 2022 meldeten in der Europäischen Belgien (41) und die Niederlande (153) insgesamt 194 Mülldeponien, in denen Abfälle und Ausrüstung für die Drogenherstellung entsorgt wurden (234 im Jahr 2021). 

In dem Bericht von EMCDDA und Europol EU Drug Markets: In-depth analysis [EU-Drogenmärkte: eingehende Analyse] finden Sie ausführlichee Informationen über die Herstellung und den Handel mit illegalen Drogen.

Übersicht über Sicherstellungen von in der EU erfassten Vorläufersubstanzen und nicht erfassten Chemikalien, die in der Europäischen Union zur Herstellung ausgewählter Drogen verwendet werden, 2022
Mit der Herstellung von MDMA in Verbindung stehende Vorläufersubstanzen
Substanz Sichergestellte Menge
Glycid-Derivate von PMK (Kilogramm) 14182
Helional (Liter) 5
MAMDPA (Kilogramm) 37
Nitro-PMK (Kilogramm) < 1
Piperonal (Kilogramm) < 1
PMK (Liter) 3883
Safrol (Liter) 436
Mit der Herstellung von Amphetamin und Methamphetamin in Verbindung stehende Vorläufersubstanzen
Substanz Sichergestellte Menge
AIBN (Kilogramm) 20
Ammoniumformiat (Liter) 19
APAA (Kilogramm) 11
APAAN (Kilogramm) 500
Benzaldehyd (Kilogramm) 482
Benzylcyanid (Kilogramm) 3
BMK (Liter) 1329
DEPAPD (Liter) 13
DEPAPD-Enolat (Kilogramm) 100
APAA (Kilogramm) 312
APAA (Kilogramm) 9943
Ameisensäure (Liter) 10432
Glycid-Derivate von BMK (Kilogramm) 25567
Jod (Kilogramm) 75
MAPA (Kilogramm) 379
Nitroethan (Letten) 1
Phenyl-2-nitropropen (Kilogramm) 4
Phenethylamin (Kilogramm) 34
Phenylessigsäure (Kilogramm) 25
Pseudoephedrin (Kilogramm) 40
Roter Phosphor (Kilogramm) 108
Weinsteinsäure (Kilogramm) 2574
Mit der Herstellung von Heroin in Verbindung stehende Vorläufersubstanzen
Substanz Sichergestellte Menge
Essigsäureanhydrid (Liter) 141
Mit der Herstellung von Cathinon in Verbindung stehende Vorläufersubstanzen
Substanz Sichergestellte Menge
2-Brom-4-chlorpropiophenon (Kilogramm) 234
2-Brom-4-methylpropiophenon (Kilogramm) 324
Mit der Verarbeitung von Kokain in Verbindung stehende Chemikalien
Substanz Sichergestellte Menge
Calciumchlorid (Kilogramm) 2040
Kaliumpermanganat (Kilogramm) 173
Ethylacetat (Liter) 10491

Quelldaten

Die Daten, die zur Generierung der Infografiken und Diagramme auf dieser Seite verwendet wurden, sind nachstehend aufgeführt.


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