Heroin und andere Opioide – die aktuelle Situation in Europa (Europäischer Drogenbericht 2024)

cover of the European Drug Report 2024: Heroin and other opioids

Heroin ist in Europa nach wie vor das am häufigsten konsumierte illegale Opioid und für einen Großteil der mit dem illegalen Drogenkonsum verbundenen Gesundheitsbelastung verantwortlich. Das Opioidproblem in Europa entwickelt sich jedoch in einer Weise weiter, die wahrscheinlich erhebliche Auswirkungen darauf haben wird, wie wir mit Problemen in diesem Bereich umgehen. Auf dieser Seite finden Sie die jüngste Analyse der Drogensituation für Heroin und andere Opioide in Europa, einschließlich Angaben zur Prävalenz des Konsums, zur Behandlungsnachfrage, zu Sicherstellungen, zum Preis und zur Reinheit, zu Schäden und mehr. 

Diese Seite ist Teil des Europäischen Drogenberichts 2024, des jährlichen Überblicks der EMCDDA über die Drogensituation in Europa.

Letzte Aktualisierung: 11. Juni 2024

Auf mögliche Veränderungen bei der Verfügbarkeit und dem Konsum von Opioiden vorbereitet sein

Heroin ist in Europa nach wie vor das am häufigsten konsumierte illegale Opioid und für einen Großteil der mit dem illegalen Drogenkonsum verbundenen Gesundheitsbelastung verantwortlich. Das Opioidproblem in Europa entwickelt sich jedoch in einer Weise weiter, die wahrscheinlich erhebliche Auswirkungen darauf haben wird, wie wir mit Problemen in diesem Bereich umgehen.

Daten über die Inanspruchnahme einer Drogenbehandlung sowie andere Indikatoren zeigen, dass die Heroinkonsumierenden in Europa zunehmend älter sind, wobei nur wenige aktuelle Hinweise darauf schließen lassen, dass sich ein solches Verhalten in großem Ausmaß etabliert. Zwischen 2010 und 2022 stieg das Durchschnittsalter aller Klientinnen und Klienten, die sich wegen Heroinkonsums in eine spezielle Drogenbehandlung begaben, sowie der Erstklientinnen und -klienten; gleichzeitig stieg der Anteil älterer Klienten und Klientiennen (siehe Abbildung 6.1 und Abbildung 6.2). Die Veränderungen bei den Merkmalen derjenigen, die Hilfe suchen, zeigen, dass sich die Dienste auf Klientinnen und Klienten einstellen müssen, deren gesundheitlichen und sozialen Bedürfnisse komplexer sind. Dies umfasst nicht nur das direkte Reagieren auf drogenbedingte Probleme, sondern auch die Bereitstellung von Betreuung und Unterstützung zur Prävention bzw. Behandlung altersbedingter Erkrankungen sowie den Aufbau wirksamer behördenübergreifender Partnerschaften und Überweisungsverfahren mit allgemeinen Gesundheits- und Sozialhilfediensten.

Abbildung 6.1. Altersverteilung aller Klientinnen und Klienten, die sich mit Heroin als Primärdroge in Behandlung begaben, 2010 und 2022

Basierend auf Daten aus 19 EU-Ländern und der Türkei.

Abbildung 6.2. Altersverteilung der bis dato nicht behandelten Klientinnen und Klienten, die sich mit Heroin als Primärdroge in Behandlung begaben, 2010 und 2022

Basierend auf Daten aus 20 EU-Ländern und der Türkei.

Während Heroin nach wie vor an den meisten opioidbedingten Todesfällen insgesamt beteiligt ist (siehe Drogenbedingte Todesfälle – die aktuelle Situation in Europa), ist die Zahl der Länder, in denen dies der Fall ist, zurückgegangen. Gleichzeitig haben andere Opioide an Bedeutung gewonnen. Obwohl Heroin im Jahr 2022 weiterhin das am häufigsten gemeldete Opioid bei Notfällen mit akuter Drogentoxizität in Euro-DEN-Sentinel-Krankenhäusern war, wurde es mittlerweile in einigen Städten von anderen Opioiden – häufig solchen, die in der Opioid-Agonisten-Therapie, aber auch an einigen Orten, eingesetzt werden, opioidhaltigen Arzneimitteln zur Schmerzlinderung oder neuen starken synthetischen Opioiden – als Ursache von Notaufnahmen überholt. Dieser Datensatz ist zwar auf nationaler Ebene nicht repräsentativ, bietet aber einen Überblick darüber, wie sich Opioidprobleme auf lokaler Ebene ändern können. Diese Daten sind ebenfalls mit Vorsicht zu interpretieren, da einige Änderungen in diesem Bereich offenbar die positiven Auswirkungen langfristiger politischer Maßnahmen widerspiegeln, die darauf abzielen, die Nachfrage nach Heroin zu verringern, neue Einstiege zu verhindern sowie angemessene und wirksame Behandlungsoptionen zu ermöglichen. Dennoch könnte mehr Aufmerksamkeit auf Maßnahmen zur Verringerung des Risikos gelegt werden, dass Opioide, die für den therapeutischen Gebrauch bestimmt sind, auf dem illegalen Markt abgezweigt werden. Dabei sollte jedoch beachtet werden, dass mit der Verfolgung dieses Ziels keine zusätzlichen Hindernisse für die Bereitstellung einer wirksamen Behandlung für Menschen mit Opioidproblemen geschaffen werden. Zudem muss eingeräumt werden, dass der Zugang zur Opioid-Agonisten-Therapie in vielen Ländern nach wie vor unzureichend ist.

Es wurden auch Veränderungen bei der Konsumform von Heroin beobachtet. Bei den Behandlungsaufnahmen ist der injizierende Konsum von Heroin sowohl bei Erstklientinnen und -klienten als auch bei zuvor wegen heroinbedingten Problemen behandelten Klientinnen und Klienten in den letzten zehn Jahren zurückgegangen (siehe Abbildung 6.3 und Injizierender Drogenkonsum in Europa – die aktuelle Situation). Diese Veränderung könnte durch verschiedenen Faktoren bedingt sein, unter anderem durch die Auswirkungen von Maßnahmen zur Schadensminimierung und Präventionsmaßnahmen sowie die Veränderungen bei der Verfügbarkeit von Drogen, die sich auf die Konsummuster auswirken können. Nur 18 % der neuen Klientinnen und Klienten, die sich wegen heroinbedingter Probleme in Behandlung begeben, geben mittlerweile „Injizierend“ als Hauptkonsumform an. Diese Entwicklung ist wichtig, da injizierender Drogenkonsum in besonderem Maß mit einer Reihe von negativen gesundheitlichen Folgen verbunden ist. Eine weniger positive Entwicklung ist jedoch, wie an anderer Stelle in diesem Bericht erläutert, dass injizierende Drogenkonsumierende insgesamt ein breiteres Spektrum von Substanzen injizieren, wobei insbesondere Stimulanzien häufiger gemeldet werden. 

Abbildung 6.3. Trends bei den Hauptkonsumformen bei Klientinnen und Klienten, die sich mit Heroin als Primärdroge in Behandlung begeben, nach Behandlungsstatus

„Sonstige Konsumformen“ sind Essen/Trinken, Schnupfen und nicht spezifizierte Konsumformen. Aufgrund der durch COVID-19 bedingten Einschränkungen bei speziellen Drogenbehandlungsdiensten sind die Daten für 2020, 2021 und 2022 mit Vorsicht zu interpretieren. Die Trends basieren auf den 19 EU-Mitgliedstaaten, die Daten für diesen Zeitraum zur Verfügung gestellt haben; es wurden nur diejenigen berücksichtigt, aus denen Daten für mindestens 9 der 10 Jahre zur Verfügung stehen. Fehlende Werte werden aus den Vor- und Folgejahren interpoliert. Gestrichelte Linien beziehen sich auf den Zeitraum der COVID-19-Pandemie.

Mögliche Anzeichen für Veränderungen auf dem europäischen Heroinmarkt

Das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung hat den Rückgang des Opiumanbaus im Jahr 2023 in Afghanistan nach dem Opiumverbot der Taliban auf 95 % geschätzt. Es ist zwar noch zu früh, um die vollständigen Auswirkungen dieser Entwicklung auf die europäischen Drogenmärkte zu ermitteln, doch wird sich diese Entwicklung, falls sie anhält, in den kommenden Jahren wahrscheinlich auf die Verfügbarkeit von Heroin in Europa auswirken. Die hier vorliegenden aktuellsten aggregierten Daten stammen aus dem Jahr 2022, d. h. aus der Zeit vor dieser Entwicklung. Diese Daten zeigen einen leichten Rückgang der Gesamtmenge an in der Europäischen Union sichergestelltem Heroin. Darüber hinaus wurden in Bulgarien und der Türkei, den wichtigsten Ländern auf den Schmuggelrouten für Heroin, erhebliche Rückgänge bei den Sicherstellungen von Heroin festgestellt (siehe unten Marktdaten zu Heroin und anderen Opioiden). Auch im Jahr 2022 war bei den indexierten Trends bei den Preisen auf Kleinhandelsebene ein leichter Rückgang zu beobachten, während der Reinheitsgrad nach den Schätzungen leicht anstieg. Gleichzeitig kann es sein, dass die Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten Auswirkungen auf die Handelsrouten haben, die von Kriminellen genutzt werden, um illegale Drogen nach Europa zu transportieren. Die aktuelle Bewertung der jüngsten Daten durch die EMCDDA lässt den vorsichtigen Schluss zu, dass es zwar noch keine starken Anzeichen für Auswirkungen auf die Ströme von nach Europa geschmuggeltem Heroin gibt, jedoch könnte der Anstieg der Opiumpreise in Afghanistan in einigen Bereichen Auswirkungen auf den Preis und den Reinheitsgrad haben. Allgemein wird davon ausgegangen, dass die in Afghanistan vorhandenen Opiumbestände und der relativ hohe Wert des europäischen Marktes die Lieferungen nach Europa kurz- bis mittelfristig widerstandsfähig machen. Sollte das Verbot jedoch aufrechterhalten und rigoros durchgesetzt werden, könnte sich dies in Zukunft auf die Verfügbarkeit von Heroin auswirken. Möglicherweise wird in Zukunft auch aus anderen Herstellungsregionen in Südostasien weniger Heroin nach Europa geliefert werden. Daher sollte jetzt schon geprüft werden, welche Konsequenzen Veränderungen in diesem Bereich für die Drogenpolitik und die Drogenbekämpfung haben könnten, damit verbundene nachteilige Folgen rechtzeitig abgemildert werden können. So könnte es notwendig werden, dass eine angemessene Verfügbarkeit von Drogenbehandlungsangeboten für Drogenkonsumierende, die Hilfe suchen, sichergestellt wird, da Störungen des illegalen Opioidmarktes die Nachfrage in diesem Bereich erhöhen könnten. Und zweitens wären vermutlich eine angemessene Überwachung sowie Maßnahmen erforderlich, um etwaige zusätzliche Schädigungen zu verringern, die entstehen könnten, wenn andere Substanzen als Ersatzstoffe für Heroin verwendet werden. Die Erfahrung zeigt, dass dazu nicht nur andere Opioide, sondern auch andere Drogenklassen gehören können, einschließlich Stimulanzien wie Kokain oder synthetische Cathinone.

Könnte man von einer größeren Verfügbarkeit und einem höheren Konsum von neuen synthetischen Opioiden oder anderer Drogenklassen ausgehen?

Derzeit spielen synthetische Opioide auf dem Drogenmarkt in Europa insgesamt eine relativ geringe Rolle, sie stellen jedoch in einigen Ländern ein erhebliches Problem dar, und es gibt Anzeichen dafür, dass sie in Zukunft eine größere Rolle bei den Drogenproblemen in Europa spielen könnten. 

Im Jahr 2023 wurden durch das EU-Frühwarnsystem für neue psychoaktive Substanzen in mindestens 16 EU-Mitgliedstaaten, Norwegen und der Türkei neue synthetische Opioiden entdeckt (siehe Neue psychoaktive Substanzen – die aktuelle Situation in Europa). Im selben Jahr wurden in 5 Ländern Ausbrüche von Vergiftungen und Überdosierungen mit Nitazen-Opioiden gemeldet. Aus Irland und Frankreich wurde zudem berichtet, dass Nitazen-Opioide fälschlicherweise als Heroin verkauft wurden.

Eine Zunahme der Verfügbarkeit synthetischer Opioide und der damit verbundenen Schäden, einschließlich drogenbedingter Todesfälle, wurde 2022 von einigen nördlichen und baltischen Ländern gemeldet, wobei vorläufige Daten von 2023 aus einigen Ländern diesen Trend bestätigen. In der Vergangenheit konzentrierten sich die Bedenken in diesem Bereich auf Fentanylderivate wie das hochwirksame Carfentanil, das in einigen EU-Ländern nach wie vor sichergestellt wird. In den letzten Jahren wurden in Europa jedoch Nitazene, hochpotente Opioide, die sich von 2-Benzylbenzimidazol ableiten, entdeckt. Zu den am häufigsten identifizierten Nitazenen gehören Protonitazen, Metonitazen und Isotonitazen. Im Jahr 2022 meldeten 14 Länder dem Frühwarnsystem Sicherstellungen von Nitazenen in einer Menge von 3 Kilogramm. Diese Substanzen werden unter Neue psychoaktive Substanzen – die aktuelle Situation in Europa ausführlicher erörtert.

Es wurde auch gemutmaßt, ob eine geringere Verfügbarkeit von Heroin in Europa infolge des Verbots der Opiumproduktion durch die Taliban in Afghanistan die Voraussetzungen für eine höhere Verfügbarkeit und einen höheren Konsum synthetischer Opioide schaffen könnte. Angesichts der möglichen negativen Folgen dieser Entwicklung muss Europa seine Vorsorge für die Schadensminimierung verbessern und andere Herausforderungen bewältigen, die eine solche Marktverlagerung mit sich bringen könnte.

Zu den Problemen in diesem Bereich gehören die Verfälschung von Heroin mit neuen synthetischen Opioiden, der missbräuchliche Verkauf neuer synthetischer Opioide und im Extremfall der Ersatz von Heroin durch neue synthetische Opioide. Solche Entwicklungen könnten das Risiko von Überdosierungen und drogenbedingten Todesfällen bei Opioidkonsumierenden erhöhen. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass in Nordamerika in den letzten Jahren ein dramatischer Anstieg der opioidbedingten Sterblichkeit zu verzeichnen war, der durch starke synthetische Opioide, vor allem Fentanylderivate, bedingt war. Wie bei früheren Schocks auf dem Heroinmarkt ist es jedoch auch möglich, dass Stimulanzien wie Kokain und synthetische Cathinone als Ersatzstoffe für Heroin verwendet werden. Es ist daher besorgniserregend, dass – wie an anderer Stelle in diesem Bericht festgestellt – der Konsum von Kokain, insbesondere von Crack, bei stärker marginalisierten Gruppen offenbar zunimmt und sich in mehr Ländern ausbreitet.

Ein erhöhter polyvalenter Drogenkonsum und der Wechsel zu anderen Substanzen zählen zu den wahrscheinlichen Folgen einer geringeren Heroinverfügbarkeit. Diesem Szenario könnte vor allem durch die Ausweitung des raschen Zugangs zu einer Opioid-Agonisten-Therapie und damit verbundenen Unterstützungsleistungen sowie durch Nadel- und Spritzenaustauschprogramme vorgebeugt werden. Zudem sollte weiterhin für einen ausreichenden Zugang zu Naloxon gesorgt werden, um Überdosierungen und drogenbedingte Todesfälle zu verhindern.

Es wird davon ausgegangen, dass die meisten Lieferungen von neuen synthetischen Opioiden, wie z. B. Nitazenen, aus China stammen und nach Europa geschmuggelt werden. Es ist jedoch bekannt, dass auch in Europa in begrenztem Umfang synthetische Opioide hergestellt werden, und es ist vorstellbar, dass die vorhandenen Kapazitäten für die Herstellung illegaler synthetischer Drogen auch für die Herstellung synthetischer Opioide genutzt werden könnten.

Einen ausführlichen Einblick in die Dynamik des Angebots von Heroin in der Europäischen Union finden Sie im gemeinsamen Bericht von EMCDDA und Europol EU Drug Market: Heroin and other opioids – In-depth analysis [EU-Drogenmarkt: Heroin und andere Opioide – eine eingehende Analyse] aus dem Jahr 2024.

Wichtige Daten und Trends

Prävalenz des Opioidkonsums

  • Schätzungsweise 0,3 % der erwachsenen Bevölkerung in der EU, d. h. rund 860 000 Personen, haben im Jahr 2022 Opioide konsumiert (950 000 im Jahr 2021). Dieser Rückgang im Vergleich zu den Vorjahren ist hauptsächlich auf eine Änderung der indirekten statistischen Methode zur Schätzung der Zahl der Heroinkonsumierenden in Italien zurückzuführen.

Behandlungsaufnahmen wegen Konsums von Heroin und anderen Opioiden

  • Im Jahr 2022 wurde als Hauptgrund für die Aufnahme einer speziellen Drogenbehandlung bei 63 000 Klientinnen und Klienten der Konsum von Opioiden gemeldet, bzw. bei 25 % aller Personen, die eine Drogenbehandlung in Europa begonnen haben. Bei 12 000 (64 %) der 19 000 Erstklientinnen und -klienten, die ein bestimmtes Opioid als Hauptproblemdroge angaben, war Heroin die Primärdroge (siehe Abbildung 6.4). Weitere 2 400 Opioidkonsumierende unter den Erstklientinnen und -klienten machten keine Angaben zu ihrer Primärdroge.
  • Aufgrund von Unterbrechungen der Dienste während der COVID-19-Pandemie sind die Daten zu den Behandlungsaufnahmen für 2020-2022 mit Vorsicht zu interpretieren. Die Daten deuten aber dennoch darauf hin, dass der langfristige Abwärtstrend bei der Zahl der Personen, die sich wegen Heroinkonsums in Behandlung begeben, anhält (Abbildung 6.4).
  • Die jüngsten europäischen Daten weisen auf einen Zeitraum von 14 Jahren zwischen dem ersten Heroinkonsum (im Durchschnitt im Alter von 23 Jahren) und der ersten Behandlung wegen heroinbedingter Probleme (im Durchschnitt im Alter von 37 Jahren) hin.
  • Nationale Daten aus 26 EU-Mitgliedstaaten zeigen, dass im Jahr 2022 schätzungsweise 508 000 Klientinnen und Klienten eine Opioid-Agonisten-Therapie erhielten (506 000 im Jahr 2021).
Abbildung 6.4. Behandlungsaufnahmen von Heroinkonsumierenden in Europa

Abgesehen von den Trends beziehen sich die Daten auf alle Klientinnen und Klienten, die sich in Behandlung begeben und Heroin als Primärdroge angegeben haben – für das Jahr 2022 bzw. das aktuellste verfügbare Jahr.

Die Trends bei den Erstklientinnen und -klienten basieren auf den Daten aus 25 Ländern. Die Daten für Deutschland beziehen sich auf Klientinnen und Klienten, die „Opioide“ als Primärdroge angegeben haben. Bei der Trendanalyse wurden nur Länder mit Daten für mindestens 5 der 6 Jahre berücksichtigt. Fehlende Werte werden aus den Vor- und Folgejahren interpoliert. Aufgrund von COVID‑19-bedingten Versorgungsunterbrechungen sind die Daten für 2020 und 2021 mit Vorsicht zu interpretieren. Fehlende Daten wurden für Spanien und Frankreich (2022) und Deutschland (2019) mit Werten aus dem Vorjahr vervollständigt.

Schäden im Zusammenhang mit dem Opioidkonsum

  • Mit 16 % aller gemeldeten Fälle war Heroin auch 2022 die dritthäufigste Droge bei Notfällen mit akuter Drogentoxizität in Euro-DEN Plus-Krankenhäusern. Viele der vom Sentinelnetz eingegangenen Meldungen entfielen auf eine geringe Anzahl von Einrichtungen. Heroin wurde in 19 der 23 europäischen Krankenhäuser nachgewiesen, die im Jahr 2022 teilnahmen (siehe Abbildung 6.5). Die Hälfte der teilnehmenden Krankenhäuser gab an, dass im Jahr 2022 bei 4,3 % oder mehr ihrer Notfälle Heroin eine Rolle spielte. Heroin wurde bei mehr als einem Fünftel der drogenbedingten Notfälle in Zentren in Drogheda und Dublin (Irland), Ljubljana (Slowenien) sowie in einem der beiden Zentren in Oslo (Norwegen) nachgewiesen. Bei den meisten heroinbedingten Notfällen handelte es sich um Männer im Alter von 25 bis 45 Jahren: In 6 der 19 Zentren im Jahr 2022 war kein Patient jünger als 25 Jahre. In der Hälfte der Zentren machten Frauen 19 % oder weniger der heroinbedingten Notfälle aus. Je nach Zentrum handelte es sich bei den anderen Drogen, die bei diesen Notfällen am häufigsten genannt werden, um Benzodiazepine, Kokain und Amphetamin.
  • Opioide wurden bei schätzungsweise 74 % der in der Europäischen Union gemeldeten tödlichen Überdosierungen gefunden. Diese Feststellung beruht auf toxikologischen Daten, die zwischen 2015 und 2022 vorgelegt wurden, wonach bei 3 305 von insgesamt 4 439 Todesfällen Opioide nachgewiesen wurden. Es sei darauf hingewiesen, dass zahlreiche Arzneimittel häufig in toxikologischen Berichten über mutmaßlich drogenbedingte Todesfälle zu finden sind.
Abbildung 6.5a. Anteil der Notfälle mit akuter Drogentoxizität im Jahr 2022, bei denen Heroin eine Rolle spielte, Euro-DEN Plus

 

Abbildung 6.5b. Trends beim Anteil der Notfälle, bei denen Heroin eine Rolle spielte, ausgewählte Krankenhäuser

Datenquellen: Euro-DEN. Den vollständigen Datensatz und die vollständige Analyse finden Sie unter European Drug Emergencies Network (Euro-DEN Plus): Daten und Analyse.

Marktdaten zu Heroin und anderen Opioiden

  • Die EU-Mitgliedstaaten meldeten im Jahr 2022 19 000 Heroinsicherstellungen im Umfang von 8,0 Tonnen (9,5 Tonnen im Jahr 2021). Große Mengen meldeten die Niederlande (2,6 Tonnen), Frankreich (1,4 Tonnen), Belgien (1,3 Tonnen), Italien (0,6 Tonnen) und Bulgarien (0,3 Tonnen). In der Türkei wurden 2022 8 Tonnen Heroin sichergestellt (22,2 Tonnen im Jahr 2021).
  • Nach einem Anstieg der Sicherstellungen von Heroin im Jahr 2021 (auf 9,5 Tonnen) ging die von den EU-Mitgliedstaaten sichergestellte Menge 2022 um 16 % auf 8,0 Tonnen zurück. Die Türkei meldete 2022 einen deutlicheren Rückgang der sichergestellten Menge (auf 8,0 Tonnen bzw. -64 % im Vergleich zu 22,2 Tonnen im Jahr 2021) (Abbildung 6.6). Bulgarien meldete für 2022 einen Rückgang der sichergestellten Menge um 71 % (auf 0,3 Tonnen) im Vergleich zu 2021 (1,2 Tonnen).
  • Die durchschnittliche Reinheit von braunem Heroin lag im Kleinhandel zwischen 5,4 % und 41,7 % im Jahr 2022, wobei die Hälfte der Länder eine durchschnittliche Reinheit zwischen 14,4 % und 25,0 % meldete. Die indexierten Trends zeigen, dass die durchschnittliche Reinheit von braunem Heroin zwischen 2012 und 2022 um 44 % gestiegen ist, während der Preis um 24 % fiel. Die jüngsten Daten zeigen einen leichten Rückgang beim Durchschnittspreis von Heroin und einen leichten Anstieg des Reinheitsgrads (Abbildung 6.6).
  • Die verfügbaren Daten zeigen, dass im Jahr 2022 fast 13 600 Sicherstellungen von anderen Opioiden als Heroin gemeldet wurden, die fast 1,2 Tonnen, 216 Liter und über 2 Millionen Tabletten umfassten (einschließlich Tramadol, Buprenorphin, Oxycodon, Morphin, Methadon, Codein und Nitazen-Opioide) (Tabelle 6.1). Estland, Lettland, Polen und Schweden meldeten 2022 Sicherstellungen von insgesamt 3,5 kg Nitazen-Analoga. Im selben Jahr beliefen sich die sichergestellten Mengen von Fentanyl und Carfentanil in der Europäischen Union auf 9,2 Kilogramm (2,7 Kilogramm Fentanyl, die von zwei Ländern sichergestellt wurden, und 6,5 Kilogramm Carfentanil, die von 14 Ländern sichergestellt wurden), 168 Liter Fentanyl (in Bulgarien sichergestellt) und 8 435 Tabletten (Fentanyl).
  • Dem EU-Frühwarnsystem wurde eine Zunahme von gefälschten Arzneimitteln gemeldet, die Nitazene enthalten: 430 Tabletten oder Kapseln im Jahr 2022 (189 im Jahr 2021). Im Jahr 2023 stellte Portugal 5 752 gefälschte Oxycodon-Tabletten, die N-Desethyl-Isotonitazen enthielten, sicher und Schweden 3 100 gefälschte Oxycontin (Oxycodon)-Tabletten, die Metonitazen enthielten. Im Jahr 2024 meldete die finnische Polizei die Sicherstellung von 1 000 gefälschten Subutex-(Buprenorphin)-Tabletten, die Metonitazen enthielten.
  • Im Jahr 2022 wurden etwa 22 400 Delikte im Zusammenhang mit dem Konsum oder Besitz von Heroin gemeldet.
Abbildung 6.6. Heroinmarkt in Europa

EU+2 bezieht sich auf die EU-Mitgliedstaaten, Norwegen und die Türkei.

Indexierte Trends bei Preis und Reinheit von „braunem Heroin“: nationale Durchschnittswerte – Mindestwert, Höchstwert und Quartilsabstand. Je nach Indikator sind unterschiedliche Länder erfasst.

Tabelle 6.1. Sonstige Opioide: Anzahl der Sicherstellungen und sichergestellte Mengen, 2022
Substanz Länder Zahl der Sicherstellungen Gewicht (Kilogramm) Tabletten Liter Pflaster
Tramadol 13 4185 0.1 958094 1.7  
Buprenorphin 17 4578 3.4 918819 0.001 21
Methadon 19 1136 17.3 76447 43.8  
Morphin 16 761 2.8 11259 1.3  
Oxycodon 15 894 1.3 76342 0.5  
Opium 17 826 1116.4 298 0.02  
Codein/Dihydrocodein 14 390 26.4 13384 0.4  
Fentanyl 14 177 2.7 8435 168.2 1521
Carfentanil 2 273 6.5   0.17  
Nitazene 4 350 3.5 108 0.44  

Quelldaten

Die Daten, die zur Generierung der Infografiken und Diagramme auf dieser Seite verwendet wurden, sind nachstehend aufgeführt.

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